Liebe Klientinnen und Klienten,
Weihnachten naht - und die schlechten Nachrichten wollen einfach kein Ende nehmen. Gefühlt geht das nun schon seit Jahren so: erst Corona, dann gleich der Ukraine-Krieg, die Klimakrise mit drohender Auslöschung der Menscheit sowieso, Flüchtlingskrise und nun auch noch Krieg in Gaza. Kann es denn niemals aufhören? Und unaufhörlich füttern uns die Medien mit neuen Hiobsbotschaften. Währenddessen müht sich in Deutschland die "Fortschrittskoalition" nach Kräften, das Ganze noch zu verschlimmbessern. Wir scheinen gar nicht mehr aus dem Strudel der schlechten Nachrichten heraus zu kommen. Verlieren den Überblick, und haben: Angst!
Angst - das ist das verbindende Element, das alle genannten Krisen wie ein roter Faden durchzieht. Und es ist kein Zufall, dass das so ist. Denn wir leben in einer so genannten Aufmerksamkeitsökonomie. Wer am lautesten schreit und am meisten Angst verbreitet, bekommt am ehesten Gehör. Warum bekommen wir nicht mehr gute Nachrichten? Gibt es keine guten Nachrichten mehr auf dieser Welt?
Doch, es gibt sie - natürlich gibt es sie. Aber die guten Nachrichten verkaufen sich leider schlecht. Und so werden wir von den Medien am laufenden Band mit Schocknachrichten förmlich bombardiert - und damit permanent in Angst gehalten. Unser Gehirn ist nun mal so beschaffen, dass es auf Gefahr viel eher reagiert. Das hat sich im Laufe der Evolution so entwickelt und uns auch viele Überlebensvorteile gebracht. Sie wissen schon, der berühmte Säbelzahntiger, der jederzeit ums Eck kommen könnte, um uns aufzufressen. Aber wieviel reale Gefahr droht uns heute - hier und jetzt - wirklich? Können wir das noch klar umreißen und ermessen? Ich fürchte, wir können es nicht. Haben Sie schon mal einen Menschen besonnene Entscheidungen treffen sehen, der in Angst gelebt hat? Wenn wir Angst haben, gibt es nur eins: Kampf oder Flucht, nichts anderes!
Weihnachten ist ein guter Zeitpunkt, um sich diese Zusammenhänge zu vergegenwärtigen. Uns klar zu machen: es ist möglicherweise Absicht, dass wir permanent so verängstigt werden.
Weihnachten ist ein guter Zeitpunkt, nach guten Nachrichten zu suchen und diese auch zu finden. Natürlich macht das die krisenhaften Ereignisse nicht ungeschehen. Aber wir können einen anderen Blickwinkel dazu einnehmen. Die Spreu vom Weizen trennen.
Weihnachten ist ein guter Zeitpunkt, um Vertrauen zu lernen. Vertrauen in uns selbst, und Vertrauen in unsere Gegenüber.
Wie könnte man Weihnachten vor diesem Hintergrund betrachten und einordnen? Nehmen wir dazu ein Bild: Das ganze Weltgeschehen da draußen, an dem wir mehr oder weniger alle teilnehmen, ist nichts anderes als ein großes Theaterstück. Wir alle spielen unsere Rollen, mehr oder weniger gut, müssen uns bewähren und behaupten - kurz: unsere Rollen ausfüllen. Aber es ist und bleibt ein Theaterstück. Uns trennt nur ein Vorhang von der eigentlichen Wirklichkeit, vom "Urgrund des Seins", von dem wir kommen, und wohin wir zurückkehren, wenn die Zeit gekommen ist. Und bis dahin spielen wir unsere Rollen.
In der dunkelsten Zeit des Jahres (zumindest auf der Nordhalbkugel) öffnet sich eine Tür zu dieser Eigentlichkeit. Wir können hinüberschauen und zumindest eine Ahnung davon bekommen, wie es dort drüben ist. Es ist kein Zufall, dass die frühe Kirche den Zeitpunkt des Weihnachtfests - also der Geburt von Jesus von Nazareth - im 4. Jahrhundert auf diese Zeit um die Wintersonnenwende gelegt hat, in der die so genannten Heiden ihre Weihe-Nacht gefeiert haben. Ich stelle mir vor, wie diese Menschen damals viel mehr als wir heute einen Zugang hatten zu unserer Herkunft, zu unserer seelischen Heimat, zum göttlichen Ugrund. Diesen Urgrund nennen die Christen "Gott", die Moslems "Allah". Jede Religion hat ihre eigene Bezeichnung dafür. Aber letztlich ist es immer das Gleiche: das All-eins, aus dem wir kommen, aus dem alles kommt, was ist. Dieser Jesus von Nazareth, den die Christen den "Christus" nennen, der hatte wohl diese Verbindung zum All-eins, zum Urgrund des Seins. Aber letztlich bedeutet das nur, das wir alle diese Verbindung haben können. Eine Verbindung zu unseren eigentlichen Wurzeln.
Weihnachten ist die Zeit, in der wir uns daran erinnern können und spüren können: da gibt es noch was anderes als das, was uns in unserem Alltag beschäftigt und umtreibt. Ja, da gibt es noch etwas anderes als den permanenten Krisenmodus, den man uns weismachen will. Wir müssen nur unsere Sinne schärfen und uns öffnen - dann kann sich uns dieses Wunder offenbaren. Wie stellen wir das an? Indem wir uns der Stille überlassen und alles, was uns davon ablenkt oder abhält, fern von uns halten. Dazu braucht es etwas Übung und Geduld, aber im Grunde ist es ganz leicht. Ein Spaziergang in der Natur oder im Wald kann schon ausreichen. Oder aber, wir öffnen uns unserem Gegenüber, tauchen ein in wirkliche Nähe und Verbundenheit mit den Menschen, die uns wichtig sind. Auch dann kann sich uns das Wunder offenbaren. Das einzige, was es dazu braucht, ist zulassen. Zulassen, dass es Kräfte und Mächte gibt, die uns verwandeln können und neu ausrichten. Dem Wunder Raum geben, ist ein Satz, der mir dazu einfällt. Und dann verschwindet auch die Angst. Der Kopf wird klar. Wir erkennen die Dinge als das, was sie sind. Nicht immer gut, manchmal schrecklich. Es wird immer noch Gewalt und Totschlag auf dieser Welt geben. Aber uns wird bewusst, das ist nicht alles. Da gibt es noch etwas anderes, und das ist viel größer als das Weltentheater, das man uns vorgaukeln will, es gäbe nur dies. Nein, da gibt es noch etwas anderes. Brechen wir auf, in dieser besonderen Zeit, öffnen wir uns - und geben dem Wunder Raum. Dann ist Weihnachten.
Das wünsche ich Ihnen von Herzen,
Ihr Björn Kreidler